Lyrics: Reinhard Mey. Annabelle, Ach Annabelle.
Annabelle, ach Annabelle,du bist so herrlich intellektuell,du bist so wunderbar negativ,und so erfrischend destruktiv.Annabelle, ach Annabelle,du bist so herrlich unkonventionell,ich bitte Dich, komm sei so gut,mach' meine heile Welt kaputt.Früher war ich ahnungslos wie ein Huhn,doch sie erweitert mein Bewußtsein nun,und diese Bewußtseinserweiterung,ist für mich die schönste Erheiterung.Seit ich auf ihrem Bettvorleger schlief,da bin ich ungeheuer progressiv,ich übe den Fortschritt und das nicht faul:nehme zwei Schritt' auf einmal und fall' aufs Maul.Früher hab ich oft ein eigenes Auto benutzt,hab' mir zweimal täglich die Zähne geputzt,hatte zwei bis drei Hosen und ein paar Mark in bar,ich erröte, wenn ich denk', was für ein Spießer ich war.Seit ich Annabelle hab', sind die Schuhe unbesohlt,meine Kleider hab' ich nicht mehr von der Reinigung abgeholt,und seit heute gehör' ich nicht mehr zur Norm,denn ich trage jetzt die Non-Konformisten-Uniform.Früher als ich noch ein Spiesser war,ging ich gern ins Kino, in Konzerte sogar.Doch mit diesem passiv-kulinarischen Genuß,machte Annabelle ganz kurz entschlossen Schluß.Wenn wir heut' ausgeh'n, dann geschieht das allein,um gesellschaftspolitisch auf dem Laufenden zu sein.Heut' bitt' ich, Annabelle, erhör' mein Fleh'n,laß uns zu einem Diskussionsabend geh'n.Früher hab' ich manchen Tag und manche Nachtauf dem Fußballplatz und in der Kneipe zugebracht,mit Freunden geplaudert, meine Zeit verdöst,doch dann hat Annabelle mich von dem Übel erlöst.Heut' sitz' ich vor ihr und hör' mit off'nem Mund,wenn sie doziert, Theorien aufstellt, undich wünschte, diese diese Stunden würden nie vergeh'n,ich könnt' tagelang zuhör'n ohne ein Wort zu versteh'n.Früher dachte ich korruptes Spiesserschwein,wer 'was schaffen will, der müsste fröhlich sein.Doch heut' weiß ich, im Gegenteil,im Pessimismus liegt das Heil.Früher hab' ich nämlich gern gelacht,doch auch hier hat sie mich weiter gebracht.Heut' weiß ich, die Lacherei war reaktionär,infolgedessen denk' ich nach und schreite ernst einher.Annabelle, ach Annabelle,du bist so herrlich intellektuell,zerstör' mir mein rosa Brille,und meine Gartenzwergidylle.Annabelle, ....Früher saß ich gerne tagelangvorm Fernsehapparat und aß und trank,und war ein zufried'ner Konsument,doch im höchsten Grade dekadent.Dann hat Annabelle mich vor nicht langer Zeitvom Konsumterror befreit.Nur noch geist'ge Werte sind's, die ich begehr'und von nun an bleibt der Kühlschrank leer.Früher war ich, wie das alles zeigt,einem billigen Vergnügen niemals abgeneigt.Doch ab heute wird nicht mehr genossen,dafür diskutier'n wir beide unverdrossen.Wenn ich zu ihren Füßen lieg',dann übe ich an mir Selbstkritik,und zum Zeichen ihrer Sympathie,nennt sie mich 'süßer Auswuchs kranker Bourgeoisie.Annabelle, ach Annabelle,du bist so herrlich unkonventionell,du bist so herrlich emanzipiertund hast mich wie ein Meerschweinchen dressiert.Annabelle, ach Annabelle,du bist so herrlich intellektuell,und zum Zeichen deiner Emanzipationbeginnt bei dir der Bartwuchs schon.
Mey, Reinhard
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